Spieltag 31 gegen den FC Bayern München in einem Satz: Der 1. FC Nürnberg holt gegen die Star-Truppe aus der Landeshauptstadt einen Punkt – und hätte mit der besten Leistung der Saison einen Sieg mehr als verdient gehabt. Tim Leibold hatte den Dreier auf dem Elfmeterpunkt liegen. Aber Elfer sind nicht so das Ding des Club. Durch den Sieg des VfB Stuttgart gegen das Team von Borrussia Mönchen-Gladbach, deren Auftritt an Arbeitsverweigerung grenzte, ist der Abstand auf den Relegationsplatz allerdings auf fünf Punkte angewachsen.
Ich will ehrlich sein: Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte es meinem Dauerkarten-Nachbarn Ulf gleichgetan. Er boykottiert grundsätzlich die Spiele gegen die Schickeria-AG. „Des halt ich net aus, wenn ich die jubeln seh“, ist noch seine schreibfähigste Begründung. Und ich kann ihn so gut verstehen. Allein das Verhalten beim Pokal-Finale gegen den SV Werder Bremen hat mir schon wieder gereicht. Ich bin wirklich ein friedliebender Mensch, aber ich packe diesen Verein einfach nicht. Von den Spielern über den Vorstand und Präsidenten passen sie da alle zusammen. Sicherlich gibt es auch nette Anhänger. Aber ich kenne da nicht viele.
Sei’s drum – es geht hier um den besten Verein der Welt, unseren Glubb. Welche Gefühle sich mir auftaten, je näher das Wochenende und der Spieltag rückten, kann jeder Clubfan nachvollziehen. Dummerweise spielten wir ja erst am Sonntag, so dass wir uns den samstäglichen Spieltag in einer Kneipe anschauen „mussten“ (was soll man sonst an einem freien Samstag machen? 😉 ). Na bravo: Erst siegte Hannover und dann auch noch Stuttgart. Ich habe mich fürchterlich aufgeregt über die Gladbacher – das war ja wohl eine Frechheit, dieser Auftritt.
Gleichzeitig war natürlich auch mir klar: Wir müssen gewinnen, um noch im Rennen um den Relegationsplatz zu bleiben. Ich ließ mich sogar zu der Aussage hinreißen: Alles andere als ein Sieg bedeutet den Abstieg. Nach dem Spiel halte ich es mit Konrad Adenauer: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?
Nun, zunächst muss ich Klaus, Michi, Geri und Stefan danken, dass sie mich quasi sanft gezwungen haben, mit ins Stadion zu gehen. Ein Schnaps auf nüchternen Magen hat ein bisschen geholfen, und mein Cousinchen meinte ganz trocken: „Wenn du es nimmer aushältst, dann packst eben dein Handy aus und spielst Solitär.“ Letztlich hat der Gedanke den Ausschlag gegeben, wie sehr ich mir in den Allerwertesten beißen würde, wenn dem Club was Großes gelingt – während ich im Garten nebenan sitze. Und bei allem Nervenflattern: den Glubb nicht zu unterstützen, das ist einfach keine Option.
Und was wäre mich tatsächlich entgangen!! Eine grandiose Choreografie, die eine Dauergänsehaut verursachte. Anfeuern bis zum Umfallen. Jubeln bis zum Umfallen (Merke: Erst Kapuze überziehen, dann Bierdusche empfangen!). Eine Mannschaft, die 90+ Minuten gekämpft hat bis zum Umfallen. Glücksgefühle bis zum Umfallen. Unglaublicher Stolz auf die Truppe auf dem Platz.
Aber auch das gehörte dazu: Nervosität, Zittern, Bangen, Enttäuschung. Als sich Leibold das Leder griff und auf den Elfmeterpunkt legte, nahm unser Hintermann Geri und mich in den Arm und sagte mantra-artig immer wieder: Der geht rein. Der geht rein. Der geht rein. Ich hätte mich am Liebsten auf den Mond gebeamt in jenem Moment, ich dachte wirklich, es zerreißt mich vor Anspannung. Nachdem ich bei den letzten beiden Elfern nicht hingeschaut hatte (Ausgang bekannt), habe ich mich gezwungen, hinzusehen. Die Szene spulte sich wie in Zeitlupe ab. Schuss. Pfosten. Aus. Stille. Bewegungslosigkeit. Sprachlosigkeit.
Gepasst, nach fränkischer Logik, hätte dann nur noch, dass Coman alleine auf Christian Mathenia zulaufend, den Ball ins Tor gebracht hätte.
Was für ein Wahnsinns-Spiel! Was für eine Team-Leistung! Was für ein Drama, dass wir alle, die Mannschaft und wir Fans, nicht mit drei Punkten belohnt wurden. Aber ich bin unfassbar stolz auf die Jungs, und den frenetischen Beifall und Jubel nach der Partie hatten sie mehr als verdient.
Und deswegen bleibe ich meiner Linie treu: Rechnerisch sind wir noch nicht abgestiegen. Es geht weiter mit Drama, Baby!