Wie ich ausgerechnet auf Mainberg gekommen bin?
Das hat mich auch, mit echter Neugier, Volker Martin gefragt, als ich in sein familiengeführtes Hotel in eben jenem Mainberg eingecheckt bin. Bei einem Gläschen Rotwein am Abend in der integrierten Weinbar erzählte ich ihm die – profane – Geschichte:
Nachdem mein geplanter Trip nach Fehmarn leider kurzfristig ins Wasser gefallen war, musste ich mir spontan etwas anderes einfallen lassen. Das Meer hatte ich eigentlich sehen wollen, aber die weite Strecke zur Ostsee musste es so kurzfristig nun doch nicht sein. Wasser… dann also in Flussform. Irgendwie zog es mich zum Main und beim Stöbern im Netz nach vielleicht etwas ungewöhnlichen, aber bezahlbaren Unterkünften stieß ich auf Martins Hotel.
Eröffnet erst im September 2021, ein historisches Gebäude, liebevoll und aufwendig restauriert und, den Bildern nach, stilvoll eingerichtet. Das sprach mich sofort an und ehe ich mich groß versah, hatte ich gebucht. Und es nicht bereut!
Nur rund 120 km von Nürnberg entfernt, bis nach Schweinfurt sind es gar nur schlappe vier. Auch in Schweinfurt war ich zuvor – Asche auf mein Haupt – noch nie gewesen. Und was soll ich sagen? Der Kurztrip war als eigentlich notgedrungen bedingter Ersatz für die Ostsee ein absoluter Glücksgriff. In jeglicher Hinsicht.
Der Hotel hält nämlich absolut, was die Bilder versprechen. Familie Martin führt das Haus mit viel Herzblut, Leidenschaft und unterfränkischem Charme, der – und das darf ich als echte Nämbercherin sagen – sich vom mittelfränkischen deutlich in Sachen Kommunikationsfreudigkeit und Freundlichkeit unterscheidet. (Das ist ein Kompliment an die Unterfranken!) Dass der Hausherr Iron Maiden Fan ist, von Beruf Journalist (genauer: Fotograf) und sein Herzensverein die blauen 60er sind (und nicht die roten Norditaliener!), machen ihn für mich als Glubberin natürlich gleich noch sympathischer.
Mainberg selbst ist ein hübscher, von Fachwerk und seiner Lage am Hang geprägter Ort. Und natürlich von dem imposanten Schloss, dessen eindrucksvolle industriegeschichtliche und kulturhistorische Bedeutung mir leider bis dato völlig unbekannt war. Oder wer hätte etwa gewusst, dass Gunter Sachs dort geboren wurde?
In der Süddeutschen Zeitung findet sich ein sehr interessanter und lesenswerter Artikel über das Kastell:
Mainberg – Eine Schlossgeschichte für eine Fernsehsaga – Bayern – SZ.de (sueddeutsche.de)
Gegenwärtig aber ist das weitere Schicksal des Schlosses – auch „bayerische Villa Hügel“ genannt – ungewiss. Denn um das in seinem Bestand gefährdete Gebäude für künftige Generationen zu erhalten, sind erhebliche Investitionen notwendig. Der rührige Förderverein Schloss Mainberg e.V. hat es sich seit seiner Gründung 2018 zur erklärten Aufgabe gemacht, über die Geschichte des Schlosses, seine überregionale Bedeutung, die aktuelle Situation zu informieren und vor allem für seinen langfristigen Erhalt zu werben. Mehr zur Arbeit des Vereins findet sich hier:
Förderverein Schloss Mainberg e.V. (fv-schloss-mainberg.de)
Auch das nur wenige Kilometer entfernte Schweinfurt ist ein nettes Städtchen. Mein Rundgang durch die Altstadt führte mich unter anderem zum Marktplatz mit dem historischen Rathaus aus der Renaissance, zur St. Johannis-Kirche, zum Schrotturm, entlang des historischen Stadtmauerrings und durch liebevoll sanierte Winkel und Gassen. Zu einem Besuch des Museums Georg Schäfer, das – auch das war mir nicht bekannt – die bedeutendste Privatsammlung deutscher Malerei des 19. Jahrhunderts, von Spitzweg über Caspar David Friedrich bis zu Lovis Corinth, beherbergt oder die Kunsthalle Schweinfurt mit zeitgenössischer Kunst nach 1945 reichte leider meine Zeit nicht mehr.
Für mich als Läuferin sind gerade bei einem Kurztrip die möglichen Laufstrecken von immenser Wohlfühl-Bedeutung. Und da sind Flüsse freilich immer eine sichere Sache: Verlaufen ist da relativ schwer.
Den Mainradweg kannte ich schon aus der Gegend rund um Volkach, so dass es kein großes Recherchieren brauchte. Da der Radweg in Mainberg vom Hotel Martin keine 100 Meter entfernt über eine Unterführung erreichbar ist, stellte sich zunächst lediglich die Frage: Zuerst Richtung Schweinfurt oder Bamberg?
Beim ersten Lauf am Abend des Ankunftstages fiel die Wahl auf Schweinfurt. Gut vier Kilometer sind es bis in die Innenstadt, immer schön – natürlich – am Main entlang. In Schweinfurt folgte ich spontan noch einem Radwegweiser ins Höllental. Allerdings kam ich nicht allzu weit, denn es schneite wie verrückt. Der Asphalt der kleinen Straße war durch den Schnee dann sehr unkomfortabel zu laufen: nicht geräumt, rutschig, glatt, mit kleinen Eisplatten unter dem frischen Schnee. Zudem wurde es dunkel und so beschloss ich, wieder Richtung Mainberg zurückzulaufen – nicht ohne das innerliche Versprechen, das Höllental bei besseren Laufbedingungen unbedingt mal zu erkunden. Der Mainradweg dagegen blieb weitgehend schneefrei und so kehrte ich nach diesem schönen Lauf glücklich zurück ins Hotel.
Am nächsten Vormittag war dann klar, dass es Richtung Bamberg gehen würde. Also los!
Und es wurde ein Lauf, der alles bot, was das Läuferherz im Winter höher schlagen lässt. Denn das Gute an einem Radweg im Winter ist…? Genau, dass keine Radfahrer unterwegs sind. Als Läufer hast du die Strecke für dich alleine. Allerdings hat der Weg auch nicht oberste Priorität beim Räumen und so sollte wasserdichtes, rutschfestes Schuhwerk nicht fehlen. Ach, es ist so herrlich, als erste seine Spuren durch den jungfräulichen Schnee zu ziehen! Nur ein paar Schwäne und andere Wasservögel waren ab und an schneller als ich damit. Es lief richtig gut, fast wie von selbst.
Nach gut einer Stunde stand mir durch den Schneematsch das Wasser dennoch in den Schuhen. Und ich habe es genossen, die Glückshormone trieben mich leichtfüßig an. Als ich nach gut einer Stunde den Rückweg antrat, wurde mir dann auch schlagartig bewusst, warum es bis dato so gut gelaufen war: Ich hatte Rückenwind gehabt. Nun gut, zumindest war auf dem Rückweg mittlerweile fast die gesamte Wegstrecke schon geräumt und so konnte mich voll und ganz auf meinen Tanz mit dem Wind einlassen. Herrlich!
Auch wenn Hin- und Rückweg die gleiche Strecke waren, fand ich es zu keinem Zeitpunkt langweilig. Denn die Umgebung schaute von der anderen Seite betrachtet wieder ganz anders aus. Weniger kurzweilig wäre es sicher, jeden Tag nur diese eine Strecke zu laufen – aber selbst da zeigt sich die Natur wetter-, stimmungs- und tageszeitbedingt von den unterschiedlichsten Seiten. So erging es mir auch am folgenden Tag, als ich vor der Heimfahrt nochmal auf die Strecke ging: bei Dauerregen und ganz ohne Schnee.
Fazit: Laufen am Main ist eine absolute Empfehlung, vor allem bei Kurztrips und – wenn man es ruhiger mag- in den Wintermonaten. Ich freue mich jedenfalls schon auf meinen nächsten (Kurz)Trip hierher an den schönen Main!